22.04.2020
Sicherlich hat auch der letzte Aussteiger im entlegenen Garafía (Nordwesten unserer wunderschönen Insel La Palma) mitbekommen, dass sich unser tägliches Leben recht stark verändert hat. Seit Sonntag, dem 15. März 2020 herrscht für ganz Spanien – und somit auch die Kanarischen Inseln – Ausgangssperre. Noch am Vortag hatten wir einen wunderschönen Tourentag, aßen in Puerto Naos auf der Dachterasse vom «Rincón» zu Abend und schmiedeten Pläne für die nächsten Tage. Wir diskutierten über das was da wohl kommen mag, was die Regierung wohl entscheiden würde, aber hatten alles in allem einen ausgelassenen Abend mit unseren Gästen.
Als ich an dem Abend noch mit einem lokalen Polizisten gesprochen habe, um mich rückzuversichern, dass wir am Sonntag nichts machen, was wir nicht dürfen, war seine Aussage, dass zum jetzigen Stand noch keine Ausgangssperre entschieden ist. Das war Samstag, 22:30 Uhr
Andy
Als wir dann Sonntag früh die Nachrichten abriefen war schnell klar: Über Nacht hatte sich die Situation geändert: Offizieller Lockdown. Wir fuhren in den Laden, um die Tour abzusagen. Auf dem Weg zum Shop kam uns ein Taxi mit Fahrradanhänger entgegen. «Die sind aber mutig» dachten wir noch… (Um später zu erfahren, dass der Fahrer auf dem Weg zur entsprechenden Station von der Polizei angehalten worden ist).
Die ersten Anzeichen
Es gibt diesen Moment, an dem man merkt, dass sich etwas verändert. Auf einer kleinen Insel fühlt man sich zunächst recht sicher, alles ist überschaubar. Am Donnerstag den 12. März saßen wir mittags zusammen, spontan hatten ein paar Leute des Teams, die nicht auf Tour waren, beschlossen, Papas Locas essen zu gehen. Da saßen wir also zu sechst und sprachen – natürlich – über die aktuelle Entwicklung. Die Neuigkeit, dass sich zwei Italiener in Tazacorte in selbstauferlegtes Hausarrest versetzt hatten und somit die ersten beiden Fälle von COVID-19 auf La Palma angekommen sind.
Noch während des Essens wurde der Beschluss veröffentlicht, Schulen für 14 Tage zu schließen. «Es geht los»… ein mulmiges Gefühl, wo man doch vor ein paar Wochen noch als Tenor hörte, dass es ja gar nicht so schlimm ist, eine normale Grippe doch viiiiel gefährlicher ist.
Somit hing auf einmal das Damoklesschwert über uns, an diesem Tag realisierte die Bevölkerung auf diesem kleinen Stück Erde mitten im Atlantik, dass sie nicht außen vor bleiben, und ja: auch hier begannen die Toilettenpapier-Hamster-Käufe.
· Klopapier
· Alkohol/ Desinfektionsmittel
· Vanillezucker, Hefe und Brotbackmischungen
Und dann war der Lockdown da
Es war Sonntag früh, wir saßen im Laden, Eingangstür geschlossen, und unsere Leute aus der Sansofé (Bikerhaus direkt über dem Shop) setzten sich dazu. Jeder mit 1 m Sicherheitsabstand, aber sie wohnten ja sowieso im gleichen Haus. Wir sprachen darüber was wir machen können, was nicht mehr ging. Der erste holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. «Heut wird ja eh nicht mehr gefahren und wir sind schließlich im Urlaub.»
Erste Einschränkungen des Flugplanes wurden angezeigt, es ging los. Zwei Wochen Lockdown war die erste Ansage. Schon eine lang Zeit, aber absehbar. Die richtig starken Wochen gingen für uns zu dem Zeitpunkt genau zwei Wochen später los. Also alles doch noch mehr oder weniger überschaubar.
Schritt für Schritt wurde der Bevölkerung dann klar, dass mit Ausgangssperre wirklich Ausgangssperre gemeint ist. Die Polizei postierte sich am Anfang und am Ende der Straße und begann jedes Auto anzuhalten. Kein Grund unterwegs zu sein? Kein Kassenbon? Geldstrafe!
Unsere Gäste vor Ort
… nahmen den Lockdown weitestgehend gelassen. Alle waren schon ein paar Tage auf dem Bike, die meisten hatten ihre Rückflüge in den nächsten Tagen. Also ab auf die Dachterrasse und entspannen, gemeinsam kochend und quatschend einen Entspannungsurlaub aus den restlichen Tagen machen. Zu Beginn planten wir noch Fahrtechniktraining und Werkstatt-Schulung. Aber auch hier war schnell klar, dass das mit den Vorgaben nicht vereinbar war.
Die Reihen lichteten sich, Flüge wurden von den Flug-Gesellschaften verschoben. Und dann stand fest, dass wir einen festen Termin hatten, an dem die Casa Sansofé offiziell schließen musste. Zu dem Zeitpunkt war dann auch klar, dass das mit den zwei Wochen nix wird. Verlängerung des Lockdowns um weitere 14 Tage. Die letzten reisten ab, auch Lili und Micha, unsere Guides, flogen mit einen der letzten «Rückholfliegern» zurück.

Plötzlich wars ruhig
Laden zu, Sansofé zu, die letzten Mietbikes von David mit seinem Taxi auf der Insel eingesammelt. (Ja, wir durften sie nicht selbst abholen, die Kunden durften sie nicht zurückbringen). Silvi hatte dennoch zu tun, denn die nun unumgänglichen Stornierungen füllten jeden Tag das E-Mail Postfach.
Vielen Dank an dieser Stelle an Euch, denn fast alle Urlaube wurden im Grunde aufgeschoben und nicht aufgehoben.
Wie sieht das Leben im Hausarrest nun aus?
Spanien hat komplette Ausgangssperre ausgerufen. Was wir dürfen ist Lebensmittel einkaufen, die Apotheken haben offen, Eisenwarenhandel und Elektromärkte. Autowerkstätten machen Fahrzeuge nur wieder fahrtüchtig, also im Grunde alles was nicht gerade akut ist, muss warten. Unsere Fahrrad-Werkstatt dürfte wohl prinzipiell Räder reparieren die von den Besitzern zur notwendigen Fortbewegung benötigt würden (Konjunktivschlacht). Die Fahrrad-Berufspendler sind jedoch auf der Insel kein verzeichenbarer Sektor, und auch das Anliefern und das Abholen müsste – um Strafen zu vermeiden – via Taxi erfolgen etc. Macht also alles keinen Sinn. #wirbleibenzuhause
Nach ein paar Tagen des Vakuums, in denen man besorgt in die Zukunft blickt, wurden Listen gemacht und Dinge angepackt, die während der Saison liegen geblieben sind. Beispielsweise wurde der Online-Merch-Shop endlich umgesetzt, ein Projekt das schon länger geplant war. (Hier gehts zum Shop → // Und hier zu einem kleinen Textchen mit Hintergrundinfos → ). Pläne wurden gemacht und werden es immernoch.
Wahnsinn…
Wir waren überwältigt von dem großartigen Rückhalt, den wir nach nur einer 3/4 Saison bereits hatten. Angefangen bei unserem wirklich wirklich großartigen Team. Als sich abzeichnete dass der Lockdown kommt und die Saison ein verfrühtes Ende finden könnte, kamen unsere Leute auf uns zu und versicherten uns dass sie flexibel sind. Jeder war verständnisvoll und packte an, wo es noch möglich war, half und pushte wo es ging.
Ein riesengroßes Dankeschön, ihr seid die Besten!
Unsere Gäste überraschten uns mit Anrufen, persönlichen Nachrichten, Bestellungen, Reservierungen für die nächste Saison. Die ein oder anderen ließen uns ganz sprachlos zurück, allesamt lassen uns optimistisch nach vorn blicken. Jungs und Mädels, wir stehen das durch, und wir freuen uns umso mehr auf die kommende Saison, möge sie so bald wie nur möglich beginnen können!


Und Andy?
Der hat ein Hamsterrad mit Virtual-Reality-Brille bekommen. Naja ganz so schlimm ist es zum Glück noch nicht.
Im Innenhof unterhält er sich mit einem Gemüsegärtchen das endlich die geschuldete Liebe bekommt. Abgewechselt natürlich mit Sporteinheiten und Trail-Training, Planung für die kommende Saison und ganz viel telefonieren.
Erkrankungen auf der Insel
Aktuell wird damit gerechnet, dass die Ausgangssperre ab dem 10. Mai «aufgehoben» wird. Lockerungen des Lockdown auf den Kanaren schon zuvor in Sicht. Die Zahl der Erkrankten ist seit einiger Zeit sehr stabil. #MeQuedoEnCasa (ich bleib Zuhause) scheint zumindest für den aktuellen Zeitraum Früchte zu tragen. Was das für die kommenden Monate heißt ist natürlich noch nicht abzuschätzen. Wenn wir gefragt werden, was wir glauben, wanns denn wieder weiter geht? Naja: Solange Hotels nicht wieder öffnen dürfen werden sicherlich auch keine Flüge angesetzt.
Es bleibt abzuwarten, wie sich das ganze Thema entwickelt. Eins ist jedoch klar, wenns weiter geht, sind wir hier für euch am Start und setzen auch kurzfristig alle Hebel in Bewegung!
Bis dahin: Bleibt gesund! Denn trotz all dieser #firstworldproblems mit denen wir aktuell konfrontiert werden, ist das am Ende des Tages das wichtigste. Fühlt euch virtuell gedrückt und hasta pronto,
Silvi und Andy